Sonntag, 13. Juli 2008

Ein Huhn muss dran glauben....

Wären wir mal nicht so fleißig im Workshop gewesen.....
Hätten wir doch einfach auf Überstunden schieben verzichtet....
Oder hätten wir wenigstens ein paar kleine aber entscheidende Fehler
gemacht......
Wenigstens ein Missgeschick hätte uns doch wenigstens passieren können......

Das alles hätte einem Huhn das Leben gerettet!

"So, und was soll denn dieser Zusammenhang jetzt?" fragt Ihr Euch jetzt
zweifellos.
Tja, das ist das Geheimnis unseres Windrades, es macht die tollsten
Dinge möglich. Wobei der Tod eines Huhnes unseres Nachbarn für uns
Tierfreunde allerdings keine besonders tolle Sache ist. Vegetarier,
Veganer und andere Fleischverzehrverweigerer möchten mir das bitte
verzeihen.

Nun aber Klartext und vom Anfang an...;-) :
Wir hatten hier an der Schule im April und Mai den Besuch eines "Senior
Experten" aus Deutschland (Über den wollte ich auch noch ausführlicher
schreiben, habs leider noch nicht geschafft) und haben mit ihm an einem
Windradtyp gebaut, der leider nicht gut funktionierte. Noch während
seiner Anwesenheit, etwa 2 Wochen vor seiner Abreise habe ich ihm dann
meine Pläne erklärt, doch einfach ein komplett anderes Prinzip zu bauen.
Die Pläne dafür wurden mir von meinem Vater aus Deutschland mitgebracht,
nachdem mein Bruder sie zuvor aus Großbritanien bestellt hatte, Ihnen
nochmals herzlichen Dank dafür! Der Seniorexperte aber weigerte sich,
"in dieser kurzen Zeit" nochmals etwas neues anzufangen. Er hat es nicht
besonders gerne gesehen, wenn ich in dem englischen Buch gelesen habe,
geschweige denn einfach so auf eigene Faust schon einmal die
Grundvorbereitungen für eine Arbeit an diesen neuen Windrädern gelegt
habe. Den Grund für seine Verweigerung gegenüber diesem
vielversprechenden Prinzip hat er mir leider nicht nennen können. So
habe ich mehr oder weniger langsam alleine neben der Arbeit an dem alten
Windrad mit dem neuen Prinzip angefangen, weil das alte einfach an
zuvielen Stellen Schwachpunkte hatte, die man nicht so einfach hätte
ausbessern können. Und das neue Prinzip erschien allen Mitarbeitern
außer dem Seniorexperten als zielführend auf dem Weg zu einem
verkaufsreifen Windrad.
Sobald aber der "Experte" abgereist war, haben wir uns mit dem neuen
Typus beschäftigt. Für Nyambulapi war das Englische erstmal eine Hürde,
die er aber mit einem Wörterbuch gut meistern konnte. Und auch Oli und
ich mussten uns erstmal kräftig einlesen, wurde doch mit, für uns, ganz
neuen Materialien gearbeitet wie beispielsweise Fiberglass. Viele
Werkzeuge und Materialien mussten wir dann auch erst noch selbst kaufen,
was wir dummerweise aus unserem eigenen Geldbeutel vorgestreckt haben,
weil die Geldverfügbarkeit hier an der Schule sehr suboptimal läuft und
wir den Forschungsbetrieb nicht unnötig aufhalten wollten. Das Geld wäre
da, es wurde für Forschungszwecke extra aus Deutschland überwiesen und
ist auch angekommen, nur habe wir es noch nicht bekommen können...So
schuldet uns die Schule immer noch über eine Million, was auch in
Shillingi noch ein schönes Sümmchen ist.
Erstmal haben wir die verschiedensten Vorarbeiten machen müssen wie
beispielsweise Gussformen und eine Wickelmaschine bauen. Dann haben wir
uns der groben Metallarbeit für den Stand und den Generator gewidmet, wo
wir mal wieder meisterlich am Schweißen und Flexen waren. Dann haben wir
die Statorwindungen selbst gewickelt und die Magnete vorbereitet.
Anschließend wurden 2 Magnetscheiben und eine eine Statorscheibe in
Fiberglass gegossen. Das ging für das allererste Mal ganz gut, aber da
kann man bestimmt noch ein bisschen bessere Qualität erreichen. Diese
Bauteile habe wir dann zusammengefügt, den die beiden Magnetscheiben
werden vom Repeller angetrieben und deren Magnetfeld erzeugt dann in den
Statorwindungen einen "alternating current", also Wechselstrom. Über
Brückengleichrichter wird dieser dann in Gleichstrom zum Batterieladen
gewandelt. Der letzte Schritt war das Herstellen des Repellers aus 3
besonders hochwerigen, weil astlochfreien, Brettern Pinienholz. Am
Freitag, den 11.7. haben wir dann alles zusammengebaut und das erstmal
getestet. Der Wind war nicht besonders stark, aber eine Böe mit
mittlerer Windgeschwindigkeit drückte mit etwa 18V schon 12A in die
angeschlossene Batterie. Das sind schon über 200W an abgegebener
Leistung und das schon bei diesen Windgeschwindigkeiten.....Es hat uns
allen ein Grinsen auf das Gesicht gepinselt, das den ganzen Tag
angehalten hat. Ich bin zuversichtlich, dass wir bei starkem Wind die
500W Grenze erreichen können. Nur um das Messen zu können brauchen wir
erst noch ein spezielles Amperemeter, denn die normalen Multimeter
machen schon bei 10A schlapp....
Das Ergebnis von Freitag hat uns sehr gefreut und nun geht noch an die
Feinarbeit, wie Anstreichen und Preiskalkulation. Ich kann es kaum
fassen, dieses Glück eines funktionierenden Windrades noch vor meiner
Beendigung des Freiwilligen Ökologischen Jahres erleben zu dürfen. So
ein bisschen stellt sich bei mir ein "Mission erfüllt!"-Gefühl ein,
wovon ich nicht mehr dachte, dass ich es noch hier erleben werde!

Ganz allgemein waren leider die Werkzeuge nicht sehr verlässlich... Das
war oft eine ziemliche Farce und eine gute Übung in Geduld. In Sachen
Werkzeug hat sich hier während unseres Jahres hier nichts verbessert,
ich habe sogar den Eindruck, dass der Zustand sich eher verschlechtert
hat. Und so muss man leider immer noch stundenlang auf Suche sein, um
bestimmte Werkzeuge zu finden. Andere, essentielle Werkzeuge sind dann
auch einfach nicht vorhanden und so muss man, um ein paar Löcher zu
bohren, extra in den Stadt fahren und in den dortigen Workshops ein
halbes Vermögen bezahlen. Tja, aber wenn das die Departmentsleitung
nicht checkt, auch wenn man es ihr öfters vorträgt, kommt mein
Helfergeist zu einem Ende und man findet sich mit den ungenügenden
Umständen einfach so ab. Das hat die Arbeit zwar gut verzögert aber
dennoch konnten wir unser Ziel erreichen, das Windrad während unserer
Zeit hier abzuschließen.

Bei so gut wie allen Schritten war Nyambulapi mit am Start und er hat
auch selbst einen großen Teil der Arbeit gemacht. Und weil mir
Nachhaltigkeit einfach so unglaublich wichtig in Sachen
"Entwicklungshilfe" (was wir hier ja auch leisten) ist, mag ich
Nyambulapi manchmal unfreundlich erschienen sein. So habe ich auf viele
seiner Anfragen bezüglich Arbeitsschritten oder Details geantwortet:
"Lies erstmal im Buch, wenn Dus dann nicht verstanden haben solltest,
erkläre ich es Dir. Aber erstmal gründlich lesen!". Damit wollte ich
sicherstellen, dass er möglichst selbstständig auf diesem neuen Gebiet
arbeitet und vor allem Verständnis von Grund auf bekommt. Vllt kann man
damit ein wenig Unabhängigkeit gegenüber den "weißen Helfern" erreichen.
Denn wir sind sonst auf vielen Gebieten einfach sehr willkommene
Ratgeber und Hilfesteller. Selbst wenn es andere Tansanier gibt, die
sich um Welten besser auskennen als wir....Diese Sache mit der
Hautfarbe..... Und erst jetzt fällt mir auf, dass das wahrscheinlich
eines der ersten Projekte an der Schule ist, bei dem die Handwerker
wirklich auch selbst bei der Entwicklung dabei waren und jeden Schritt
nachvollzogen haben. Andere Produkte der Schule, wie beispielsweise
Solarheater, Öfen etc. wurden nämlich von einem Deutschen, der hier 5
Jahre gearbeitet hat, entwicklt und werden von den Handwerkern nur
nachgebaut. Das ist ja schon mal nicht schlecht, aber es zeigt noch
nicht das, was ich mir wünschen würde. Nämlich eine selbstständige
Forschungsarbeit der Schulhandwerkern, auch an neuen Projekten. Bis es
aber wirklich soweit ist, dass neue Projekte direkt von "unseren Jungs",
also den Handwerkern entwickelt werden, wird wohl noch eine ganze Weile
vergehen. Denn auch jetzt haben wir "nur" nach einer Anleitung
gearbeitet....
Im Rückblick scheint meine Taktik im Bezug auf das Einbinden von
Nyambulapi ganz gut funktioniert zu haben, wenn ich auch so ein bisschen
auf seiner Seite diese Sichtweise vermisse, dass wir nun etwas gebaut
haben, was ganz viele Kunden in ihren Händen halten möchten. Und dass
man daraus einen ziemlich großen Profit herausschlagen kann, mit dem
sein eigenes Leben gut verbessern könnte. Vermutlich wäre ich an seiner
Stelle noch enthusiastischer und hätte mehr und konkretere Pläne. Aber
ob und wie man soetwas vermitteln kann, weiß ich nicht. Ist wohl einfach
eine Persönlichkeitssache.

Wir haben unser Ziel so gut wie erreicht, auch wenn man mit der
Forschung an größeren, billigeren Windrädern natürlich weitermachen
kann. Aber wenn jetzt Kunden nach einem Windrad fragen, kann ihnen eines
gebaut werden!
Tja, und dieser Erfolg wird hier nun mal mit dem Ableben eines
tierischen Proteinlieferanten gefeiert. Da Oli gerade nicht da ist, lebt
der Todeskandidat noch, aber wohl montags wirds ihm an den Kragen ähhh
Hals gehen. So sind hier nunmal die Bräuche und die Freude über das
funktionierende Windrad war bei Nyambulapi einfach riesig. Gleich
nachdem ich ihm von dem Erfolg erzählte, meinte er zu mir: "Du, dann
schlachte ich dafür ein Huhn!" und erst danach kam "Komm, gehen wir zum
Workshop und zeig mir die Früchte unserer wochenlangen Arbeit!". So ein
Feieranlass ist natürlich herzlich willkommen und ich bin einfach so
froh, dass das Ding funktioniert.
Ich hoffe, dass Ihr mir deshalb meine Funkstille im virtuellen Raum
etwas verzeihen könnt....denn auch andere Arbeiten wie beispielsweise
die Monatszusammenfassungen für die DTP, sind seit Mai unerledigt...Die
Konzentration auf dieses Windrad hat sich aber gut gelohnt!
Von nun an ist hier an der Schule der 11.7. ein Feiertag, zumindest für
das Erneuerbare Energien Department ;-)

Heute mal mit windigen Grüßen und es sind keine drei Wochen mehr, bis
mich die Heimat wieder hat!!! :-)

Macht es bestens und bis ganz bald,

Felix WINDRADeck ^^

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hei Felix!

Sauber! Schöne Sache! Nimm doch mal ein Video auf von deinem Windrad, sonst glaub ich dir nie, dass es läuft! ;-) :-P

Ist WINDRADeck dein neuer Firmenname für du weißt schon was?
Überhaupt ist mir das paradoxe an deinem Namen (Was bitte ist das Eck eines Rades???) erst jetzt bewusst geworden! ^^ Man lernt eben immer noch dazu!

Also jetzt erstmal an Guaden! Armes Huhn...

Viele Grüße, Thomas

Anonym hat gesagt…

Wie geil!

Ihr müsst unbedingt mal den kleinen Rollstuhl unter dem Wortbestätigungsfeld hier ausprobieren, den für Leute die Sehprobleme haben.
Genial!

:-)

Anonym hat gesagt…

Tja DIE Experten ... alt, geistig unbeweglich, für afrikanische/s Leben und Denkweise völlig ungeeignet. Aber schließlich kommt so ein Senior-Experte doch aus Deutschland und so einer hat (im Sinne von Beharrung) immer Recht.... Und - nachdem er einige Tage in "Afrika" war - hat er in seiner Einbildung die Kompetenz im Büro und anderswo auf seine "Wichtigkeit" und seinem "Einsatz" hinzuweisen. Nur dumm, daß solcher sich brüstender Berichterstattung
große Beachtung geschenkt wird und für Mittelbereitstellung zur Grundlage wird.
Aus meiner persönlich erlebten Erfahrung sagen viele Afrikaner(0b in Ost-oder West-Afrika)die Weißen aus Europa kommen mit Hemd und Krawatte,blasen heiße Luft,drängen was auf was in Afrika nicht passt und lassen die Leute dann zurück.
Bleib weiterhin tapfer und trotz der Umstände gutgelaunt. Afrika ist ein schönes Land und die Afrikaner sind wunderbare Leute, auch wenn mal ne Jeans von der Wäscheleine verschwindet.Du hattest zwei und er vielleicht momentan keine...
Komm gut nach Hause
Bis denn
ludwig

Anonym hat gesagt…

super super super!

viele glückwünsche und gratulation zu deinem geglückten projekt!!!

ich werde dir mein fsj-projekt auch demnächst zeigen, aber lass mcih das video fertig stellen: es wir d spitze!

ich freu mich schon auf dich!
bis dann