Sonntag, 4. Mai 2008

Bahnfahrt

Nachdem wir schon einige Male mit dem Zug nach Dar fahren wollten, haben
wir es nun endlich geschafft. Über einen Schüler haben wir Kontakt zu
einem Bahnangestellten in Makambako bekommen. Er hat für uns die Tickets
beschafft, die wir am Abreisetag nur noch bezahlen mussten. Am Bahnhof,
es war schon dunkel als wir ankamen, herrschte wildes Treiben und eher
Durcheinander. Tausende Päckchen und anderes Frachtgut lag auf dem Boden
herum und musste noch gewogen werden. Die Übersicht darüber dürfte wohl
nur der Wieger gehabt haben. In Hoffnung auf ein leckeres Abendessen im
Zug habe ich mir mal ausnahmsweise nichts von den Frauen gekauft, die
verschiedene Snacks wie gekochten Mais, maandazi, chapati, Maniok etc.
anboten.
Mit etwas Verspätung, aber deutlich weniger als befürchtet, kam dann der
Zug an. Er ist unglaublich lang und wird von einer amerikanischen
Diesellok gezogen. Wir konnten unser 1. Klasseabteil schnell finden und
es waren doch tatsächlich noch 2 Betten frei. Bei vielen Sachen hier
habe ich leider immer noch das Gefühl, man könnte leicht über den Tisch
gezogen werden. Aber diesmal hat alles auf unseren Tickets gestimmt.
Diese sehen übrigens aus wie die Abreiskarten, die man bei
Volksfestfahrgeschäften bekommt.
Wir haben erstmal unser Gepäck verstaut und uns dann in den
nahegelegenen Speisewagen gesetzt. Leider war das Essen weder im Preis
inbegriffen noch besonders lecker. Dafür saßen an der Bar ein paar
Männer und tranken Bier. Ein paar von ihnen sollte ich am nächsten
Morgen um 6 Uhr immer noch dort antreffen.
Doch nun erstmal zur Nacht: Auf Reisen habe ich immer meinen
Seidenhüttenschlafsack dabei, denn man weiß ja nie, wann die Decken das
letzte Mal gewaschen wurden. Wie sich nachher herausstellte, werden sie
aber ach jeder Fahrt zum Waschen eingesammelt. Das Bett, eine Pritsche
knapp 2m über dem Boden, war einigermaßen bequem und ich konnte relativ
gut schlafen. Was bei dem Geratter und Gerüttel eher an ein Wunder
grenzt. Die Gleise dieser einspurigen Strecke, die bis nach Zambia
führt, wurden in den Siebzigern von Chinesen verlegt. Das ganze wirklich
parallel hinzubekommen schien aber gar nicht so einfach gewesen zu
sein.... Und so wähnt man sich in einem Bummelzug, der auf einmal mit
über hundert über die Strecke hoppelt, während man in Wirklichkeit
gerade mal 50km/h schnell unterwegs ist. Und selbst bei diesen
Geschwindigkeiten können Züge entgleisen, wie die 4 Tankwagen, die an
einer kurvigen Stelle neben den Gleisen lagen, bewiesen.
Eigentlich wollte ich morgens den Sonnenaufgang fotografieren, aber ich
wurde von Nieselregen empfangen. Kurz nach Ifakara mussten wir dann
einen zeimlich langen Zwischenstopp einlegen. Ein Zug vor uns hatte
nämlich Probleme mit der Lok und da musste die unsrige aushelfen. So
fuhr wie zweimal davon, um nach einiger Zeit mit etlichen Güterwagons
zurück zukommen. Die Zeit nutzte ich, um in das nahegelegene Dorf zu
gehen und die verschiedensten Köstlichkeiten zu verspeisen. Ich konnte
sogar jemanden überzeugen, auf eine der zahlreichen Kokospalmen zu
klettern, um mir eine Trinkkokosnuss zu ernten und natürlich zu
verkaufen. Als mich die anderen Fahrgäste damit sahen, wollte sie auf
einmal auch welche... Und was ganz Neues konnte ich auch noch entdecken.
Nicht nur, dass ich das erste Mal Chapati mit wenig Fett gebraten
bekommen habe, sondern einen ganz neuen Snack konnte ich probieren:
unreife Reiskörner, die gewalzt und leicht gesalzen wurden. Etwas
trocken das ganze aber lecker. Erinnert ein bisschen an Haferflocken
und vielleicht könnte man es sogar als Müsli verwenden. Das wäre eine
gute Alternative zu den Kellogs, die in manchen Läden hier stehen.
Nach dem unfreiwilligen Aufenthalt ging die Fahrt weiter durch den
Selous Nationalpark. Dort könnte ich die meisten Tiere sehen, die man
auch auf Safaris antrifft. Nur kann man nicht einfach so anhalten und
fotografieren...sonst hätte mir vielleicht ein Foto gelingen können,
dass wettbewerbsreif wäre: Eine Hyäne, die in einem Schlammloch badet
und dabei einen Gesichtsausdruck hatte, als ob gerade nichts in den Welt
passieren könnte, das ihr ihre gute Stimmung verderben könne.
Weil in manchen Landesteilen bestimmte Lebensmittel besonders billig
sind, hat unser Lokführer gleich eine ganze Bananenrispe gekauft und sie
sich vorne auf die Lok gelegt. Auch mir wurden an verschiedenen Stellen
bergeweise Bananen, Zwiebeln und anderes Gemüse angeboten. Ein paar
hundert Kilometer Reise machen aus den Massen an Obst und Gemüse
wertvolle Handelsgüter auf den Märkten von Dar Es Salaam, wo die Preise
etwa doppelt so hoch sind als in Mafinga.
Nach knappen 24 Stunden im Zug kamen wir wegen der langen Wartezeit in
Ifakara in der Dunkelheit in Dar an. Wären wir nur ein paar Stunden
früher angekommen, hätten wir die olympische Fackel aus nächste Nähe
sehen können, denn an diesem Tag ging ihr Weg vom Bahnhof durch halb Dar
Es Salaam.

Für die Zugfahrt haben wir etwa 15€ gezahlt, ist also durchaus
bezahlbar. Aber auch eine 1.Klasse ist noch kein Luxus. Zumindest, wenn
man europäische Standards gewohnt ist. Eine Reise mit dem Zug lohnt auf
jeden Fall und das langsamere Reisetempo verglichen mit den Reisebussen
wird durch eine größere Sicherheit und ein besseres Kennenlernen der
durchquerten Landschaft mehr als wett gemacht. Nur allzu empfindlich
sollte man lieber nicht sein...

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